Mittwoch, 8. Juni 2016

Kapitel 6, Part 3

Da war es wieder, der ignorante Irrglaube, keine höheren Mächte würden dort oben existieren und das Schicksal der Völker betrachten. Götter, die auf ihre Erschaffung hinabblickten und sich das Treiben ansehen mussten, welches ihre Kinder dort vollbrachten. All das Leid, der Tod und die Zwietracht und dann war auch noch der Glauben verloren gegangen. Was mussten Schabanach und seine Brüder und Schwestern nur über ihre eigenen Kreationen denken? Schämten sich sich etwa für das, was sie getan hatten? Sahen sie es womöglich als Fehler an, diese fehlerbehafteten Kreaturen auf diese Erde loszulassen?
Unsere Schöpfung ist voller Unzulänglichkeiten und falschem Verhalten. Wenn wir uns nicht ändern, unseren Glauben zurückfinden und uns so verhalten, wie es für uns vorgesehen war, wird es böse enden. Der Pater hatte Recht. Ohne unseren Glauben sind wir verloren. Wenn wir es jetzt schon nicht sind und es einfach nur noch nicht erkannt haben. Wir müssen Vorsicht walten lassen, denn wenn wir den Zorn der Götter auf uns ziehen, sind wir alle verloren. Jeder Einzelne wird dann im unendlichen Fegefeuer verbrennen.
Ich bin kein Narr. Ich weiß was ich gesehen habe. So klar, wie ich dich gerade sehe“, antwortete Karas bestimmt, aber nicht unfreundlich. Er wollte nicht die Frau verstimmen, die ihm womöglich das Leben gerettet hatte.
Die Greisin erhob sich zittrig, ihr Kopf war wieder an die Schulter gelehnt und die Augenlider flatterten leicht. „Narren wissen nicht, dass sie Narren sind. Ja, so ist es. Diese hier weiß es, ja weiß es. Sie hat schon viele Leute dieser Art getroffen.“
Die Aussage hatte keinen fiesen Unterton und Karas glaubte nicht, dass sie sich durch seine Worte angegriffen gefühlt hatte. Sie war einfach nur...ein bisschen seltsam.
Diese hier sucht dir ein paar Vorräte für deine Reise zusammen. Du bist so dünn, mein Junge. Du musst essen, oh ja. Viel mehr essen.“
Der Mönch verneigte dankbar seinen Kopf und faltete seine Hände. Das Gespräch lief ohnehin nicht gut und er musste seine Reise fortsetzen. Außerdem fühlte er sich trotz der guten Verpflegung hier nicht sonderlich wohl. Er war froh, wenn er weiterziehen konnte, um den Ausgang des Waldes zu finden.
Die Alte griff sein einen dunkel gegerbten Lederbeutel von einer Ablage über dem Kamin und schlich unsicher zur Ausgangstür.
Diese hier holt dir draußen Gewürze, damit das Essen gewürzt werden kann. Fades Fleisch schmeckt nicht. Nein, ganz und gar nicht. Der heilige Junge muss auf seiner Reise gut essen um stark zu werden. Fades Essen schmeckt nicht, nein nein.“
Karas wusste zwar nicht, wo sie dort draußen auf die Schnelle Gewürze finden wollte, aber er erwiderte nichts. Er empfand es als höflicher zu Schweigen und sie machen zu lassen.
Mistral hat Essen, die Götter haben nichts. Ein junger Narr wandert hier alleine durch den Wald“, kicherte die Besitzerin der Hütte und ließ die Tür hinter sich zufallen.
Karas blieb alleine im Raum zurück und starrte auf seinen leeren Teller, der zuvor noch mit seltsam aussehender Nahrung gefüllt gewesen war. Er musste unweigerlich mit dem Kopf schütteln. Wenn schon diese Frau hier so abfällig über den Glauben redete, wie sollte es dann erst in den besiedelten Gebieten werden? Schlug ihm dort immer noch der Hass entgegen, der damals den Orden in das Exil gedrängt hatte?
Wie schon so oft auf seiner Reise zweifelte er an seinen Fähigkeiten, das ihm gesteckte Ziel zu erreichen.
Sammle Informationen außerhalb des Klosters und bringe den Glauben zurück in die Bevölkerung. Bin ich der Aufgabe wirklich gewachsen, Herr?

Mittwoch, 1. Juni 2016

Kapitel 6 Part 2.5

Diese alte Frau hier hilft, wo sie nur kann“, entgegnete die Alte, „und diese hier erwartet dafür keine Gegenleistung. Nein, nein, keine Gegenleistung.“
„Es schadet mir nicht, auf dem Rückweg hier vorbei zu kommen, ganz im Gegenteil. Wenn ich dein Zuhause entdecke, dann weiß ich immerhin, dass ich mich auf dem richtigen Weg befinde. Es macht wirklich keine Umstände.“
Dieser hier muss erst den Ausgang des Waldes finden. Einfach wird dies nicht. Nein, nein. Nicht einfach...auf keinen Fall.“
„Hab Vertrauen in mich, Mistral. Ich habe es so weit geschafft, ich werde auch hier meinen Weg finden. Die Götter stehen mir bei, weißt du.“
Die Hausbesitzer kniff misstrauisch die Augen zusammen: „Götter? Welche Götter? So etwas gibt es hier nicht, sei nicht töricht. Diese hier weiß es. Ja, sie weiß es!“
Karas war nicht überrascht. Der Pater hatte ihm bereits im Kloster erzählt, dass der Glaube außerhalb der Klostermauern nur sehr schwer zu finden sei. Das Volk hatte den Glauben in die allmächtige Kraft der Herren verloren. Eine echte Schande, wie er feststellen musste.
Du irrst dich, Mistral. Ich habe sie gesehen...mit meinen eigenen Augen! Sie haben sich mir geöffnet und gezeigt, wie viel Macht in ihnen steckt. Es gibt sie und sie wachen über uns Gläubige. Jeden Tag, ohne eine einzige Ausnahme.“
Die Frau schien überhaupt nicht überzeugt. „Götter sollten über alle wachen und nicht nur über die Gläubigen, denkt diese hier. Du hast nichts gesehen, nichts. Vermutlich nur tief und fest geträumt und fantasiert. Du junger Narr.“