Dienstag, 3. Mai 2016

Kapitel 5, Part 3


Die Blätter raschelten im Wind, als ein Windzug durch den Wald fegte und seine Haare zerzauste. Das Zittern des Körpers ließ allmählich nach, als er sich beruhigte und wieder ordentlich durchatmen konnte. Seine Rippe schien geprellt zu sein und gab einen fiesen Stich ab, als sich die Lungenflügel öffneten und Karas nach Luft schnappte. Er starrte den Abhang hoch, den er keine fünf Minuten zuvor heruntergerollt war und konnte sein Glück kaum fassen. Von hier unten sah es noch schlimmer aus, als er in den Sekunden seines Sturzes wahrgenommen hatte. Die verdorrten Bäume stachen wie Lanzenspitzen aus dem Boden und deren Äste schienen nur darauf zu warten, sich in Fleisch zu bohren. Trotz allem hatte er abgesehen von ein paar Prellungen und Schürfwunden alles den Umständen entsprechend überstanden.
Vielleicht wachen die Götter ja doch über mich. Wenn dies als Zeichen gedacht war, seid versichert, dass ich verstanden habe. Oh, Schabanach, du Gott aller Götter, ich danke dir.
Sein Blick wanderte weiter zum leblosen Wolf, der ihn das ganze Schlamassel eingebrockt hatte. Nun, es war sicherlich keine Untertreibung zu sagen, dass sich die Jagd für das Tier nicht wirklich gelohnt hatte.
Und alles nur, weil du so unglaublich hungrig gewesen bist…
Unweigerlich musste er daran denken wie er reagiert hätte, wenn er tagelang nichts zu essen gehabt hätte. Wäre er seiner Beute genauso irre nachgejagt, nur um etwas Fleisch zu ergattern? Wäre sein menschlicher Verstand ebenso gebröckelt, wie der des Wolfes, nur wegen der Aussicht auf frische Nahrung? Wie hätte er reagiert? Der Gedanke ließ ihn erschauern und er versuchte sich auf andere Dinge zu konzentrieren, die seine Aufmerksamkeit dringender benötigten.
Tiere und Menschen sind sich doch ähnlicher, als so mancher denken mag.
Sein Problem war nur, dass er früher in die Lage seines toten Jägers kommen könnte, als ihm lieb war. Seine letzten Proviantreste hatte er aufgrund seiner überstürzten Flucht an seiner alten Lagerstätte zurücklassen müssen und nun stand er da und hatte nichts. Um den Hang wieder hinauf zu klettern und seine Sachen zu suchen, hatte Karas nicht mehr genügend Kraft und er bezweifelte zusätzlich, dass er dort oben noch etwas Brauchbares finden würde. Die Chancen standen gut, dass sich ein anderer Waldbewohner die letzten Krümel zu Eigen gemacht hatte. Wie auch immer, er war zwar dem Tod im letzten Augenblick entkommen, stand aber nun dem nächsten lebensbedrohlichen Moment gegenüber. Essen hatte er im Wald schon seit Tagen nichts mehr gefunden und seine Hoffnungen standen nicht sonderlich gut, hier eine andere Situation vorzufinden. Also was tun?
Karas versuchte sich auf die, wenn auch spärlichen, guten Nachrichten zu konzentrieren: Die Baumkronen schienen dem Licht der Sonne ein klitzekleines bisschen mehr Raum zu geben und seine Sicht war nicht mehr ganz so getrübt. Er konnte seit Tagen endlich wieder weiter als ein paar Meter sehen und mehr von seiner Umgebung wahrnehmen. Vermutlich auch nur aus diesem Grund konnte…
Das gibt es nicht. Das kann doch nicht wahr sein. Mein Glück scheint mich noch nicht verlassen zu haben!
Zwischen zwei dicken Baumstämmen hatte er ein Objekt entdeckt, welches aus vielen zusammengenagelten und schweren Brettern zusammengebaut war. Auch wenn es nicht sonderlich einladend wirkte, so war es für den Mönch doch ein wahrlich herrlicher Anblick.
Eine Hütte. Da steht doch tatsächlich eine Hütte.

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