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Kapitel 1,Roman
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Kapitel 1, Part 3
Die Stimme war
etwas rau, klang allerdings nicht unfreundlich.
„Bruder“,
erwiderte Karas und nickte bestimmend, obwohl sein Gesprächspartner
die Bewegung nicht sehen konnte.
Nach der Begrüßung
herrschte zwischen beiden Männern eine Pause. Beide starrten über
die Zinnen der Mauer hinweg auf das grüne Meer, welches sich vor
ihnen erstreckte. Vogelgezwitscher war in der Ferne klar zu
vernehmen, ein Signal für den Anbruch des Tages.
Der Mann in der
Kutte bewegte sich nicht, als er anfing zu sprechen: „Hast du
wieder Albträume gehabt? Es wird schlimmer, oder?“
Karas zuckte
zusammen. Er wusste nicht, dass seine nächtlichen Probleme den
anderen bekannt gewesen sind. Er hatte gehofft, die Situation für
sich behalten zu können.
„Ich
weiß nicht, wovon du sprichst, Bruder.“
„Du
sprichst im Schlaf. Wir alle leben zusammen in einem Kloster. Denkst
du etwa, du könntest so etwas vor uns geheim halten“, fragte sein
Gegenüber mit ruhiger Stimme, „Schabanach wacht über uns, mein
Freund. In manchen Fällen sollten wir aber unserem Orden vertrauen
und jemanden in die eigenen Probleme einweihen. Ein
ausgeglichener...“
„...Verstand
führt zu einem ausgeglichenen Herzen“, vollendete Karas den Satz,
„Ich bin mir über unsere Gelübde im Klaren, Pater.“
Der Mönch senkte
sein Haupt und faltete unter seinen Gewandsärmeln die Hände. Nach
wie vor hatte er sein Gesicht von Karas abgewandt.
„Irgendetwas
scheint dich zu beschäftigen und du behältst dein Geheimnis für
dich. Du musstest uns etwas versprechen, als wir dich damals
aufgenommen haben.“
Da war es wieder.
Die übliche Erinnerung an seine nebulöse Vergangenheit. Eine
Vergangenheit, die für Karas aber nach wie vor ähnlich
undurchsichtig war, wie für den Orden.
„Das
habe ich nicht vergessen. Ich habe vor euch allen meine Versprechen
abgelegt und halte diese nach wie vor in Ehren. Ich wusste nicht,
dass diese Träume etwas zu bedeuten haben, Pater.“
„Alles
hat eine Bedeutung, mein Sohn. Nichts geschieht ohne Zufall.“
„Vergebt
mir. Ich hätte meinen Träumen mehr Beachtung schenken sollen“,
entschuldigte sich Karas demütig und starrte beschämt in die
Landschaft.
Als er
vor vielen Jahren dem Orden des Schabanach beigetreten war, hatte er
sich erstmals wie ein Teil einer großen Familie gefühlt. Es war ein
schönes Gefühl, obwohl er vor diesen Eindrücken sehr verwirrt
gewesen war. Wieso hatte er diese Gefühle empfunden, obwohl er sich
nicht mehr an seine Vergangenheit erinnern konnte? Hatte er zuvor nie
eine Familie gehabt? Warum hatte sich die Gemeinschaft so fremd
angefühlt?
„Es
gibt nichts, wofür du um Vergebung bitten müsstest. Du bist jung
und hast noch viel zu lernen. Aber du hast ein gutes Herz, mein Sohn.
Das ist es, worauf es ankommt.“
„Ich
danke dir, Bruder.“
Die Sonnenstrahlen
waren in der Zwischenzeit über sie hinweg gewandert und tauchten das
Kloster hinter ihnen in ein warmes Licht. Langsam wachten seine
Ordensbrüder aus dem heilsamen Schlaf der Nacht auf und
Betriebsamkeit machte sich im Hof breit. Stimmen schallten nach oben,
Kleider raschelten und Metall schlug klirrend gegeneinander. In nur
wenigen Momenten wurde die Stille von reger Betriebsamkeit abgelöst.
„Es
ist wirklich schön dort draußen“, stellte Karas leise fest und
ignorierte die Geräusche aus dem erwachenden Kloster.
„In
der Tat. Allerdings solltest du nicht den Fehler begehen und nur die
Oberfläche betrachten, sondern auch die Details dahinter. Nichts ist
so, wie es scheint.“
Der jüngere Mönch
war es gewöhnt, dass sein Lehrer in Rätseln sprach. Dennoch hatte
er in all den Jahren gelernt, seinem Gegenüber Gehör zu schenken
und die Ratschläge mit Interesse anzunehmen. Es gab einen Grund,
wieso Karas der Schüler war und nicht der Lehrer.
„Ich
vermute, dies werde ich noch früh genug herausfinden, Pater“,
sagte er vorsichtig.
Sein Mentor drehte
sich mit einer einzigen fließenden Bewegung um und starrte ihn mit seinen eisblauen Augen an.
„Das
wirst du und ich bete zu unseren Göttern, dass du dich an all das
erinnern wirst, was dir hier gelehrt wurde. Glaube an dich oder du
bist dort draußen verloren.“
Weiter gehts vermutlich am Sonntag, aller spätestens aber am Montag!
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