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Kapitel 3,Roman
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Kapitel 3, Part 2
Karas zog sich die dunkle Stoffhose über die Beine, als
es an seiner Tür pochte. Er band sich die Hose zu und griff sich das
verblichene Hemd vom Stuhl. Die nackten Füße tapsten über den
kalten Boden, Es war sein alter Mentor, der leicht gebückt und
grimmig lächelnd vor ihm stand. Die rechte Hand hatte der Alte
hinter seinem Rücken verschränkt, während die linke über den
ergrauten Bart strich. Sein Lehrer wirkte erschöpft, ja beinahe
schon um Jahre gealtert im Vergleich zum gestrigen Tag. Der junge
Adept ertappte sich dabei, wie er erschrocken zusammenzuckte, eine
Bewegung die seinem Gegenüber sicher nicht entgangen war.
„Mein Sohn, gewährst du einem tattrigen Greis
vielleicht Zutritt zu deinen Gemächern“, fragte der Priester mit
einem schelmischen Augenzwinkern.
Karas trat einen Schritt zur Seite und machte eine
einladende Geste in seine spärlichen vier Wände.
„Tretet ein, Pater.“
Mit unsicheren Bewegungen schlich der Lehrer an ihm
vorbei und setzte sich auf das Bett des Jüngeren. Karas fiel auf,
dass die Hände des Anderen unmerklich zitterten.
Was
ist nur mit ihm passiert? Erst gestern hatten wir noch ganz normal
mit ihm geredet, da schien noch alles in Ordnung. Was ist da in der
Gebetskammer nur geschehen?
Der Pater legte die Hände aufeinander, vermutlich aus
Reflex um das Zittern abzudecken oder aber, um es vor Karas zu
verbergen. Er hüstelte leise und musste tief durch schnaufen, so als
ob ihn der Marsch zu den Gemächern überfordert hätte.
„Wie ist deine Nacht gewesen“, erkundigte sich der
Alte bei ihm, „wurdest du wieder von deinen Alpträumen
heimgesucht?“
Karas schürzte die Lippen, ehe er antwortete:
„Nein...nein, diesmal nicht. Seit langer Zeit konnte ich wieder
unbekümmert schlafen, Pater.“
Der gealterte Geistliche schien sich sichtlich zu
entspannen. Seine ohnehin schon tief hängenden Schultern schienen
noch ein wenig mehr nach unten zu sinken. Die Erleichterung in seiner
Stimmfarbe signalisierte allerdings, dass es sich dabei um ein gutes
Zeichen handeln musste. Wieder fuhr die linke Hand über den Bart und
strich dabei sorgfältig die borstigen Haare in alle Richtungen. Er
schien sorgfältig über seine nächsten Worte nachzudenken, ehe er
fortfuhr:
„Dann war die Weihe erfolgreich, mein Sohn. Weißt du
was das bedeutet?“
Karas blieb nichts übrig, als den Kopf zu schütteln.
Er hatte nicht die geringste Ahnung, was ihm widerfahren war.
„Der Segen der Götter ist mit dir. Schabanach, der
größte aller Götter hat dich für würdig betrachtet, den
schwierigen Weg zu gehen. Du, mein Sohn, wirst von den höchsten
Kräften für geeignet gehalten. Wir waren Zeugen eines großen
Augenblicks, ein wahrlich historischer Moment.“
Der junge Lehrling musste schlucken und fand keine
Antwort für die Offenbarung. Stattdessen stellte er sich die Frage,
was ihm wohl geschehen wäre, wenn die Götter ihn als nicht
würdig erachtet hätten. Die Momente der Weihe kehrten in sein
Gedächtnis zurück, die Eindrücke die er gefühlt hatte, sein
Körper der von der Kälte erfüllt gewesen war...
Würde
ich noch immer hier sitzen und mich für die Reise vorbereiten? Wäre
ich überhaupt in der Lage, dieses Gespräch noch zu führen oder
hätte ich mein Recht verwirkt, unter all diesen gläubigen Menschen
zu wandeln? Was hatten meine Ordensbrüder von mir gedacht, wenn ich
bei so einem Moment verschmäht worden wäre!
„Ich habe nie an dir gezweifelt“, vernahm er die
Stimme des Mentors und verdrängten die Ängste aus seinem Kopf. Der
Nebel des Zweifels lichtete sich und sein Verstand kehrte wieder
zurück, ließ ihn wieder klar denken.
„Ich danke euch, Pater. Für das Vertrauen, was mir geschenkt wurde und für den Rückhalt den ihr mir gegeben habt. All
das bedeutet mir viel.“
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