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Kapitel 3,Roman
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Kapitel 3, Part 1
Geister tanzten
wirbelnd durch den Raum. Weiße Schemen, die sich einen Weg durch die
Schatten bahnten und allen Gesetzen der Erdanziehungskraft zu trotzen
schienen. Ihre Schwingen trugen sie schwebend durch den Raum, direkt
über den Köpfen der anwesenden Zuschauern. Doch niemand schien sich
für den unheimlichen Anblick zu interessieren, ganz im Gegenteil
sogar. Die Blicke der Anwesenden waren nach vorne gerichtet,
anscheinend vollkommen desinteressiert von dem Treiben über ihnen.
Rot leuchtende Augen starrten gebannt nach vorne, ansonsten waren die
Gesichter in der Dunkelheit nicht sichtbar. Die Gestalten standen
bewegungslos vor ihm, Voyeure während eines besonders intimen
Moments. Ein unwohles Gefühl durchflutete ihn, er wollte sich
losreißen und davonrennen, nichts wie weg von hier, doch es wollte
ihm nicht gelingen. Ein Gefühl der Scham breitete sich in ihm aus,
als könnten die Blicke tief in sein innerstes Ich sehen, seine
Ängste und Gefühle offen legen, ihn emotional entblößen.
Seine Arme und
Beine bewegten sich nicht und er bemerkte panisch, dass er nicht mehr
der Herr über seine eigenen Gliedmaßen war. Der eigene Körper war
sein Gefängnis.
Dann setzte der
Gesang ein. Es war eine ihm bekannte Melodie, die sich monoton
wiederholte. Immer und immer wieder. Ein gesungenes Gebet – ein
heiliges Flehen an die stärkeren Mächte, welche über ihnen
hausten.
Schaloch finalis och sanctis.
Schabanach, ochalach Schabanach.
Die Sprache war ihm
nicht bekannt, aber die summende Melodie war ihm seltsam vertraut.
Schaloch finalis och sanctis.
Schabanach, ochalach Schabanach.
Er wollte schreien,
all dem hier ein Ende setzen, doch niemand machte Anstalten, sich um
ihn zu kümmern. Das Gebet um ihm herum wurde fortgesetzt, die
Stimmen schienen gar einen Ton lauter geworden zu sein.
Schaloch finalis och sanctis.
Schabanach, ochalach Schabanach.
Seine Ohren
dröhnten vor Schmerz und er wollte die Anderen anflehen, damit um
Himmels Willen aufzuhören. Dann bemerkte er, wie sich die weißen
Schemen in der Luft ihm zu wandten. Langsam, mit geisterhaften
Bewegungen kamen sie näher heran, offenbar auf der Suche nach ihrem
menschlichen Ziel. Der Chor fuhr weiter fort, der Ton schien
bestimmender zu werden. Die Lautstärke nahm mit jeder wiederholten
Strophe zu.
Schaloch finalis och sanctis.
Schabanach, ochalach Schabanach.
Die Geister hatten
ihn fast erreicht. Ein letztes Mal wollte er sich los zerren, den Ort
hier so schnell wie nur möglich verlassen, doch wieder versagte ihm
sein Körper den Dienst. Verzweifelt wurde er Zeuge, wie die Wesen
ihn erreichten, sich auf ihn legten wie eine wabernde Schicht die
seine Konturen nachformte, ihn komplett einhüllte. Bei der ersten
Berührung wurde ihm schlagartig kalt, die Muskeln entspannten sich
und ein zarter Nebel verschleierte sein Sichtfeld. Seine letzten
Kräfte entwichen aus dem Körper und er hörte auf, sich dem Vorgang
entziehen zu wollen. Er verlor jegliches Gefühl auf der Haut und die
Kälte, die sich zuvor in seinem Inneren breit gemacht hatte, wich
einem angenehmen Gefühl des Friedens. Seine Panik verschwand, löste
sich innerhalb von Momenten in Luft auf und ließ ihn entspannt
zurück. Sein Verstand drohte ihm zu entgleiten, ihn hier in Ruhe
alleine liegen zu lassen, fernab jeglicher Probleme und Sorgen.
SCHALOCH
FINALIS OCH SANCTIS. SCHABANACH OCHALACH SCHABANACH.
Das Gebet erreichte seinen lauten Höhepunkt und die Anwesenden
schienen dies mit einem donnernden Finale unterstreichen zu wollen.
Dann: Ein sengender Schmerz zuckte durch seine rechte Hand, genau wie
sich Feuer auf ungeschützter Haut anfühlen musste. Er schrie laut
auf und diesmal schien er tatsächlich Töne von sich zu geben, denn
das Gebet der Anwesenden stoppte schlagartig. Es war der letzte
äußere Einfluss den er wahrnahm, bis ihn der Zustand der
Bewusstlosigkeit erneut niederstreckte.
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