Montag, 21. März 2016

Kapitel 2, Part 4

Der lange, schon vor Jahrzehnten in den Fels geschlagene Gang führte geradeaus in das Nichts. Kein Licht, keine Bewegung oder Stimmen. Von den Fackelträgern, die vor ihnen den Eingang betreten hatten, war keine Spur zu entdecken. Karas konnte nur seinen eigenen flachen Atem vernehmen – sein älterer Kumpan hätte auch ein Geist so können, so ganz ohne jegliche Geräusche. Er war die stoische Ruhe in Person und drängte Karas sanft mit einem Schubser nach vorne.
Es ist an der Zeit.
Seine Hand ertastete die raue Steinmauer neben ihm, die ihm als Wegweiser dienen sollte. Er konnte seine eigenen Finger vor Augen nicht sehen und war dankbar für die kalte Oberfläche, die nun seine Handfläche führte. Seine Robe schabte kratzend an den Begebenheiten der Wand entlang – erschreckend laut für einen wahren Ort der Stille.
Er spürte eine zweite Person, seinen Lehrer, der ohne jegliche Hilfe an ihm vorbeiwanderte und sich wortlos von ihm entfernte. Stramme Schritte, die sich unbeirrt bewegten. Kein Hadern, keine Pause und ganz ohne Hilfsmittel, wie sie der Adept nutzen musste.
Wie in Gottes Namen macht er das nur?
Karas bewegte sich nun schneller, nachdem sich seine Sinne zumindest etwas an die Umstände angepasst hatten und er seine Selbstsicherheit wiederfand. Zwar strich seine linke Hand immer noch an der Felswand entlang, doch der blinde Marsch seines Mentors ermutigte ihn, sich ein wenig zielstrebiger zu bewegen.
Der Eingang in das Gebirge verschwand hinter ihm, dort wo immerhin die Sterne noch ein wenig Licht durch das geöffnete Tor geworfen hatten. Es schien ihm, als machte der langgezogene Flur eine lockere Biegung nach links, welcher er vorsichtig folgte.
Lange kann es nicht mehr sein...die Gebetskammer müsste direkt vor mir liegen.
Und tatsächlich konnte er nach einigen Momenten einen schwachen Schimmer vor sich sehen. Meter entfernt, aber immerhin ein Ziel am Ende des Weges.
Ein Licht am Ende des Tunnels, wahrhaftig!
Mit jedem Schritt wurde der Schimmer kräftiger und die Schemen um ihn herum wurden wieder klarer. Jetzt fühlte er nicht nur den Stein an seiner Handfläche, er konnte ihn nun auch sehen.
Seine Hand wanderte wieder neben seinen Körper und die Finger fanden sich ineinander gesteckt unter seiner Robe, beiden Daumen gegeneinander gepresst.
Sein Schritt wurde selbstbewusster, die Unsicherheit der Dunkelheit wich von seinen Schultern, sein Augenlicht wurde wieder von den Fackeln vor ihm geschärft. Warme Helligkeit schlug ihm freundlich entgegen und vertrieb den dunklen Schleier.
Blinzelnd machte er den letzten Schritt hinaus aus dem Gang und trat ein, in die heilige Gebetskammer des Schabanach. Der spirituelle Mittelpunkt des Ordens, das wahre Heiligtum seines Glaubens. Eine große Grotte, inmitten des gigantische Mittelgebirges geschlagen, als eine Oase des Guten, sicher versteckt vor den misstrauischen Blicken der Zweifler.
Weiße Punkte tanzten vor seiner Sicht, bevor der glasige Blick allmählich klarer wurde. Um ihn herum standen schweigend seine Brüder, die Blicke nach vorne gerichtet. Keine drehte sich zu dem Neuankömmling um, es keine wurden Worte gesprochen. Es herrschte gespenstige Stille. Die Reihen seiner Brüder, vielleicht vierzig von ihnen, standen links und rechts des Tunnelausgangs und öffneten somit einen Weg, welcher weiter geradeaus nach vorne führte.
Die Gebetskammer war, wie auch die persönlichen Räume der Mönche, ohne jeglichen Prunk ausgestattet. Sie war nur für den einen Zweck geschaffen, Schabanach zu dienen und nicht, um es sich bequem oder heimisch zu machen. Der Raum war nicht sonderlich groß und barg gerade so Platz für alle Mitglieder, die eng nebeneinander stehen mussten, um auch alle hinein zu passen. Vor den Anwesenden befand sich eine steinerne Empore, auf der sich der geweihte Altar der Götter befand, ein simpler schwerer Holztisch, der für die meisten Völker vermutlich keinen materiellen Wert besaß. Für den Orden allerdings, war der ideologische Wert allerdings kaum zu beschreiben.
Hinter dem Altar stand der Pater, in eine weiße Robe gehüllt, sein Blick auf ein schweres Buch auf dem Tisch gerichtet. Zwei Brüder flankierten ihn und ließen Behältnisse, die an einer Kette befestigt waren, vor und zurückschwingen. Weihrauch stieg daraus hervor und erfüllte die Höhle mit dem beißenden Geruch von getrocknetem Gummiharz. Der Rauch stieg in verspielten Kringeln nach oben, bis er auf seiner Reise gen Himmel vom harten Fels gestoppt wurde. Als Karas den nächsten Schritt nach vorne wagte, hob der Priester auf der Erhöhung ruckartig den Kopf und breitete feierlich die Arme in beide Richtungen aus.
„Brüder, die Zeit ist gekommen“, rief er mit erhobener Stimme in die Menge, „unsere Opfergabe für die Götter ist nun endlich hier.“
Die Fackeln an den Wänden erloschen, tilgten die Kammer von jeglicher Wärme und ließen Karas allein in der Schwärze zurück. 


Ende von Kapitel 2!

6 Kommentare:

Ich finde den Charakter des Karas derzeit nicht besonders interessant. Man könnte ihn jetzt mit einem interessanten doppel-Plot-Twist aus der Geschichte aussteigen lassen und den Focus auf den Lehrer lenken.
In so einem Orden sind ja auch immer Intrigenspielchen denkbar. Das Böse könnte auch IM Orden lauern, nur darf der Lehrer das nicht so sagen. Karas wird nun als Lockvogel für irgendwas eingesetzt, vom Leser für tot gehalten, und wenn er später wieder in die Story zurückkehrt hat er mit einem mal einen reichhaltigen Hintergrund, und wahrscheinlich eine starke Agenda. So würd ich das machen wenn das meine Rollenspielkampagne wäre.

Grüß dich!

Die Idee mit dem Bösen innerhalb des Ordens kam mir ebenfalls auch schon und wird vermutlich auch noch weiter verfolgt. Auf jeden Fall eine interessante Sicht der Dinge. Der gute Karas wird aber zumindest für die nächsten Tage noch weiterhin eine Rolle spielen, bis die Votings losgehen. Dann werden die Leser öfter die Chance haben, über sein Schicksal zu bestimmen (und ihn vielleicht auch ganz verschwinden zu lassen, wenn er denn weiterhin uninteressant bleiben sollte). Auf jeden Fall steht der Ausbau seiner Agenda weiterhin auf dem Zettel und sollte in den nächsten Parts noch ausgebaut werden.

Auf jeden Fall vielen herzlichen Dank für die Rückmeldung, deine Einsicht sowie deiner Kritik. Ich würde mich freuen, auch in Zukunft von dir zu hören :)

Ich muss sagen, ich finde den Protagonisten gar nicht uninteressant... Ihn umgibt etwas Geheimnisvolles und es wäre spannend, wenn er draußen etwas über seine Vergangheit erfährt, das wiederrum mit dem Orden in irgendeiner Verbindung steht (hier auch Intrigen oder Verbrechen denkbar). Man könnte das Leben im Kloster ja weiter verfolgen, während Karas draußen auf Entdeckungsreise geht. ;-)

Bin gespannt, wie es weiter geht!

Ah, wen haben wir denn da! Hey du =)

Sorry, bei mir gings die letzten Tage ein bisschen drunter und drüber, deswegen habe ich das AKommentar jetzt erst gesehen. Ich freue mich aber auf alle Fälle von dir zu hören.

Ja, der Orden wird definitiv noch eine Rolle spielen und ich habe auch schon ein paar Ideen, wie dies aussehen wird. Trotz allem wird es passend zu dem Thema eine Umfrage geben und ich hoffe, es gibt dort draußen Leute, die sich daran beteiligen. Gemeinsam findet man bestimmt eine interessante und spannende Lösung.

Danke für das Kommentar und hoffentlich bis bald (gerne auch mal wieder persönlich) ;)

Hab grad erst gesehen, dass es ja schon viel weiter ist - auf meinem Handy wurde in der mobilen Version nur Kapitel 1 und 2 angezeigt... Aber ich lese ganz schnell die anderen Kapitel um morgen an der Umfrage auch teilnehmen zu können ;-)

Finde dein Projekt echt toll und hoffe, dass es was wird (Daumen sind gedrückt)!

Jaaa ich hoffe doch hehe :-) bis denne

Die Umfrage geht ohnehin 48 Stunden, hast also noch genügend Zeit ;)

Danke für das Feedback, nehme ich immer gerne mit!

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