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Kapitel 2,Roman
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Kapitel 2, Part 2
„Unser Gelübde
verbietet es, unser Kloster zu verlassen und hinaus in die Welt zu
streifen. Wir haben uns dazu entschieden, unser Leben als Einsiedler
fernab jeglicher Zivilisation zu leben. Nur hier, in Abgeschiedenheit
und ohne jegliche störenden Einflüsse, sind wir in der Lage,
unseren Göttern ehrenhaft zu dienen“, erzählte der grauhaarige
Priester mit stolzer Stimme, „doch das autarke Leben hier in den
Bergen führt auch seine Schattenseiten mit sich. Wir wissen nicht
was dort draußen vor sich geht. Wir wissen nicht, was dich dort
draußen erwartet.“
Karas biss sich auf
die Unterlippe und verkniff sich die Frage, die sich ihm stellte. Er
wollte seinen Lehrer bei diesem historischen und essentiellen Vortrag
nicht unterbrechen.
„Du fragst dich
vermutlich, weshalb wir ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt einen
Entsandten schicken, nicht wahr?“
Der Junge hatte in
all der Zeit längst aufgehört, sich über das Gespür des Mannes zu
wundern. Er war für ihn ein offenes Buch, welches keine Geheimnisse
vor dem ältesten Prediger des Schabanach geheim halten konnte. Karas
nickte bedächtig, dennoch im Stillen wissbegierig auf die Antwort.
„Unser Orden
hatte sich vor hunderten von Jahren dazu entschieden, die bewohnten
Lande hinter sich zu lassen und alleine in Frieden zu leben. Wir
waren es müde, dauerhafte Zeugen der sinnlosen Kriege und der
substanzlosen Gewalt zu sein. Zu diesem Zweck wurden die Völker von
unseren Herren nicht erschaffen. Wir sollten das Leben huldigen und
Freude predigen, nicht ignorieren. Das Geschenk von oben, unsere
jungfräulichen Herzen, sollten unsere wichtigsten Schätze sein.
Wir sollten sie in
diesem Zustand behalten und nicht mit Hass oder Trauer füllen. All
dies führte zu der Welt, der wir den Rücken kehren mussten. Wir
konnten nicht länger Zeuge dieses heidnischen Vorgehens sein und
tatenlos zusehen, wie sich die Welt selbst zu Grunde richtet.“
Der erfahrene
Geistliche machte eine kurze Pause und ließ die Worte in der Luft
hängen. Karas kannte die Geschichte des Ordens natürlich aus seinen
persönlichen Lehren, doch die traurige Betroffenheit in den Augen
seines Gegenübers machten ihm zu schaffen.
Schleichend wurde
ihm klar, was ihn auf seiner Reise tatsächlich begegnen würde.
Zumindest glaubte er, dass es ihm allmählich dämmerte.
„Unser Glaube
verbot es uns allerdings, Partei für irgendjemanden zu ergreifen.
Also predigten wir unseren Weg in Dörfern und Städten, schenkten
jedem Betroffenen ein offenes Ohr und hofften dadurch, den Tag der
Abrechnung verhindern zu können. Wie du dir vielleicht vorstellen
kannst, waren unsere Taten aber vergebens. Wir scheiterten und haben
es am Ende nicht geschafft, der Welt die Augen zu öffnen. Aus diesem
Grund hatte sich unser Orden dazu entschlossen, ins Exil zu wandern
und die Zivilisation, mit ihren tauben Ohren und unreifen Taten,
zurückzulassen. Die Hoffnung, nach der wir alle strebten, war
endgültig verloren.“
„Ihr habt richtig
gehandelt, Pater. Wer sich vor der Wahrheit verschließt, kann nicht
mehr gerettet werden. Ihr habt alles was in eurer Macht stand, getan,
um die armen Seelen dort draußen wieder auf den richtigen Weg zu
führen.“
Der Lehrer schloss
die Augen, die Stirn in Falten gelegt.
„Unser Weg ins
Exil wurde damals nicht von allen so simpel gesehen, wie du es
denkst, mein Sohn. Feiglinge nannte man uns, Verräter am Volke
wurden wir getauft. Wir ernteten von vielen genau dies, was wir so
verzweifelt zu verhindern versucht hatten: Ablehnung, Unverständnis
und Hass.“
„Das ist nun
schon so viele Jahre her. Ich bin sicher, dass...“
„Ob hundert Jahre
oder nur wenige Monate“, unterbrach ihn der Alte, „negative
Gefühle und Vorurteile setzen sich in den Köpfen der Leute fest.
Wenn die Saat erst einmal gesät wurde, kann sie über viele
Jahrzehnte hinweg gedeihen und weitergereicht werden, bis sich
irgendwann die hässliche Fratze zeigt. Mache nicht den Fehler und
denke, Hass wäre vergänglich, mein Sohn. Hass ist einer stärksten
emotionalen Antriebe, die es auf diesem Planeten gibt. Hass ist der
größte Feind eines jeden einzelnen Individuums. Es erreicht dich
schneller als du glaubst und wenn es dich einmal erreicht hat, wird
es dich von innen quälend auffressen.“
Karas hatte sich
andere Worte für seine anstehende Reise erhofft, obwohl niemand
behauptet hatte, es würde für ihn leicht werden.
Als Ehre würde ich deine Aufgabe
nicht verstehen, sondern eher als Opfer, welches jedes Mitglied von
uns gerne bereit wäre, zu geben. Selbst wenn das Opfer das eigene
Leben bedeuten würde.
Die Worte seines
Lehrers vom heutigen Morgen kehrten in Karas' Gedächtnis zurück.
Jetzt verstand er genau, weshalb er besondere Acht auf seiner Reise
geben musste.
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